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im nomadenjahr - auf landpartie im wendland

Zum zweiten Mal bin ich im Wendland - Alles ist mir vertraut und doch sehe ich Vieles ganz neu. Die "Kulturelle Landpartie" ist im Gange: von Himmelfahrt bis Pfingsten öffnen Künstler Haus und Tor, lassen die Menschen teilhaben an Kunst und Kulinarischem. Doris Gessner ist Steinbildhauerin und eine von ihnen. Bei ihr in ihrem wunderschönen wendländischem Haus darf ich wohnen. Mit mir sind da noch weitere drei Menschen, die gerade einen Kurs bei Doris besuchen und versuchen, ihrem Stein das Leben zu entlocken. In den Pausen sitzen sie unter der schattigen Linde im Garten, genießen die Sonne, die Ruhe und die gute Verpflegung durch ihre Kursleiterin. Und ich genieße dieses Land. Jeden Morgen renne ich auf einsamen Straßen durch das weite Land, an kleinen Rundlingsdörfern, wild campenden Bullys und Pferden, die so aussehen wie meine Ehemaligen vorbei. Hier ist heile Welt und alles schön. Es gibt keine Industriebauten, keine Autobahnen, keine hässlichen Einkaufscenter. Dafür alten Häuserbestand, ganz viel Platz für Natur und die wahrscheinlich höchste Künstlerdichte im Land.

Ich ziehe mit Doris durch die Landpartie. In Mammoißel wachsen Blumen auf dem Mist und ein goldenes Kalb steht im Wald. Eine nette Bar haben sie im Hof aufgebaut und in den Scheunengebäuden steckt viel Kunsthandwerk. Gerade findet eine Lesung statt - einfach so, im Hof auf Heuballen in der Sonne sitzend. Wir ziehen weiter in den Schweinestall: Dort, auf dem Anwesen von Gabriele Schmidt in Gistenbeck, hat diese ihre Ausstellung: "Komm, süßer Tod" im Schweinestall installiert - sehr passend wie ich finde und unheimlich beeindruckend in Szene gesetzt. Außerdem hat sie noch einen wunderschönen Garten, wo man richtig verweilen kann. Ich darf noch in ihr Atelier, hier hat sie jedes Fundstück aus dem alten Haus als Kunstwerk arrangiert - da wird selbst ein Hufeisen im Rahmen zu einer Skulptur. Kleine Mittagspause auf dem Rosenhof in Göttien: Der Blütensalat von Eike Schirge ist legendär, sieht traumhaft aus und schmeckt gigantisch - ich glaube ja, sie hat jede Blüte einzeln drapiert. Man sitzt im Innenhof auf Sesseln und Bierbänken, alles ganz unkompliziert wie überall auf der Landpartie und kann immer mal wieder in die Gebäude zu den Ausstellungen gehen. Dann nach Lübeln ins Rundlingsmuseum. Dort hat mich die Glaskunst von Christa Schmets tief beeindruckt - aus Altglas schafft sie Objekte und Windspiele, die in der Sonne glitzern. Danach gehen wir noch nach nebenan in die Lübelner Mühle. Und so ist das hier im Wendland: Eine riesige Wiese, ein langer Wiesenweg und plötzlich ein Haus mit schönem Garten. Die bunten Holzblumen von Wolf Kobernuss wiegen sich im Wind und die Fahne mit dem Holzstück knarzt. Die Holzkunst von Kobernuss hat mir sehr gefallen. Als wir mit ihm sprachen, konnte ich den riesigen 3,40 m Tisch bewundern an dem er saß, mit nur einem fetten Holzklotz in der Mitte als Auflagefläche. Er arbeitet nur mit heimischen Hölzern und macht wirklich großartige Sachen. Abends dann Balkanfolk mit "Dervjani" in der Villa Wendland und ein gutes Gespräch mit Ute Laux, die an Bord der Sea-Watch Flüchtlingen geholfen hat. Ihre Zeichnungen, die sie während dieser Zeit auf dem Schiff angefertigt hat haben mich sehr berührt. 

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