Es ist Kirsebaerfestival - und für mich geht es um sieben Uhr morgens los: Die Freunde des Tourismus treffen sich am Hafen, um etwa 1000 Frühstückstüten zum Kirschenfest zu richten. Wer zwischen 9 und 11 Uhr zum Renaissancehaven kommt, darf sich eine Frühstückstüte abholen - geschenkt! Das ist nur eine der vielen ehrenamtlichen Aktivitäten dieses Vereins, dessen 200 Mitglieder es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Insel Fünen und im Besonderen Kerteminde den Besuchern ans Herz zu legen. Organisatorisch läuft das wie geschmiert: Karl fährt seinen Kirschenwagen mit Saft und Tüten ran, die Liste mit dem Inhalt der Tüten und alles andere wird strategisch sinnvoll auf den Tischen verteilt. Zuerst kommt der Flyer zum Kirschfest und der Regenschutz in die Tüte, es folgen Pappteller mit Besteck, Butter, Käse und Brötchen. Ich packe fleißig Tüte um Tüte - und jetzt bloß nix vergessen. Ganz Kerteminde hat gesponsert: Die Bank, der Bäcker, örtliche Geschäfte, unglaublich, wie hier alle zusammen arbeiten und letztendlich hat jeder was davon. Zum Schluss gibts den feinen Brunsviger vom Bäcker für die Helfer und dann kommen auch schon die ersten Frühstücker.
Später streife ich über den Markt und komme nicht weit - an dem feinen Kuchen mit Kirschtopping führt einfach kein Weg vorbei und ich setze mich an den Hafen. Dort steht auch schon Johannes Larsen und beginnt gerade eine Hafenszene. "Hello Mr. Larsen, may a take a photo of you?" Aber natürlich darf ich - das Double des berühmten Malers aus Kerteminde ist daran gewöhnt, fotografiert zu werden. Er wartet wie ich auf die Ankunft der Kirschenkönigin, welche mit einem Boot und vielen roten Kirschen demnächst hier einlaufen wird.
Die Kirschenkönigin kommt an und der Himmel reißt auf. Karl der Kirschenmann sowie der Nachtwächter sehen fesch aus und stehen genauso parat, wie die Guardians der Königin. Die "Kirsebeardronning" habe ich schon gestern beim Kirschenpflücken getroffen. Sie erzählt mir, dass sie nun schon seit fünf Jahren Kirschenkönigin ist und jedes Jahr einen anderen Minister an ihrer Seite hat. Sie sieht ganz reizend aus mit ihrer riesigen Kirsche auf dem Kopf, winkt auch mir freundlich zu und verschenkt mit den Kindern Kirschen an alle. Dann geht es auf die Bühne - zusammen mit ihrem Minister eröffnet sie offiziell das Kirsebaerfestival 2016 und dann geht es los.
Am Hafen treffe ich Beth, welche zusammen mit ihrem Mann die ankommenden Segler mit einer Tüte voll nützlichen ersten Kerteminder Informationen begrüßt. Ich bin wirklich beeindruckt von dem Engagement, das die Mitglieder der Turismens Venner" an den Tag legen. Das alles machen überwiegend Pensionäre, welche auch ohne Bezahlung einen riesigen Spaß daran haben, mit den Menschen zu reden und für den Ort in Sachen Tourismus etwas zu bewegen. Und zudem sind sie auch noch wahnsinnig freundlich! So langsam passiert es mir, dass ich immer wieder jemanden von ihnen treffe, man lacht mich an und ich fühle mich schon fast so, als ob ich hier leben würde.
Bevor das Wikingerschiff ankommt, habe ich noch eine Einladung auf Lundsgaard Gods, genau genommen im "Anexet ved Lundsgaard Gods". An dem Landgut bin ich schon mehrmals vorbei gelaufen, aber dass sich in den ehemaligen Stallungen kulturell und kulinarisch so ein Highlight verbirgt wusste ich bisher nicht. Vini und Rudolf haben das Projekt vor einem Jahr ins Leben gerufen: Ein Ort der Begegnung für Künstler und Kunstinteressierte soll es werden. In dem riesigen Gebäude finden ständig wechselnde Ausstellungen bekannter und junger Künstler statt. Gerade stellt auch der Fotograf Stephen Freitag aus, er ist gerade da und erzählt mir von seiner Arbeit. Was das Ganze vollkommen macht ist das "Café Agnes H". Anexet bedeutet ja in etwa so viel wie benachbart, bei Freunden und so ist es dann auch: Man sitzt an großen Tischen und Thomas bekocht die Genießer seiner Küche immer freitags und am Wochenende. Es gibt kein Menü, aber eben was richtig Gutes für alle die entspannt essen wollen - nicht nur die Fischfrikadellen waren sensationell!
Später am Abend ist das Wikingerschiff mit etwa dreißig ruderfreudigen Männern und Frauen angekommen. Es ist eine echte Premiere, schließlich ist der Nachbau des Winkingerschiffs von Ladby erst dieses Jahr fertig gestellt worden. Als sie zurück in den heimischen Hafen steuern, haben alle ganz schön mit der Strömung im Fjord zu kämpfen und es ist Rudereinsatz gefragt, denn einen Motor gibt es nicht.
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