Die Ersten fangen schon Freitag abends an, die Straße zu bemalen. Als wir am Vormittag in Wilhelmshaven eintrudeln, ist das XXL 3D Perspektivenbild auf dem Valoisplatz schon fast fertig und ein Hund liegt wie tot im Canyon. Zum siebten Mal lässt Michael Diers, Geschäftsführer der Wilhelmshavener Touristik das Internationale StreetArt Festival stattfinden. Als wir durch die Marktstraße zum Hotel laufen, lassen sich schon erste Kunstwerke erahnen. www.wilhelmshaven.de
Die Aussenfassade täuscht: Innen ist das Hotel Fürstenwerth richtig chic und hipp, mit gut gelaunten jungen Menschen am Empfang und einer augenfreundlichen Inneneinrichtung zum Wohlfühlen. Wir treffen Stadtführer Odinius, durch old Wilhelmshaven geht es mit ihm in Richtung Nassauhafen. Seine "echte" Hans Albers-Mütze soll mich wohl auf den geplanten Segeltörn einstimmen. Irgendwie ist hier alles Schiff: Die "Mircea" liegt im Hafen, springt im Moment für die Gorch Fock ein, welche grade saniert wird. Wir kommen zu unserem Segelschiff für die kommenden 2,5 Stunden: Mit Peter und Birgit gleiten wir auf der Solveig aus dem Hafen. Die Segel schlagen, der Mast knarzt. Noch ist der Motor unser Antrieb, aber das soll sich bald ändern.
Sail away... In regelmäßigen Abständen schlagen die Wellen ans Boot. Wir liegen schräg, als das große Segel gehisst wird. Birgit reicht Melone und Käse. Peter erzählt von der ehemals geplanten Weltumsegelung, die nach dem ersten Sturm scheiterte, von Minen und versunkenen Wracks. Der Wind rauscht und bläst die Haare ins Gesicht. Birgit lässt Süssigkeiten über das Boot wandern. Jeder darf einmal ans Steuer, Kapitän spielen oder an der Kurbel drehen. Es ist entspannt mit den Beiden, ich könnte ewig so weiter segeln, doch irgendwann kommt die große Wende und es geht wieder zurück Richtung Hafen. Birgit serviert Würstchen mit Kartoffelsalat, lecker. Dann noch einen Minikuchen und ein Bier zum Anstoßen auf die große Fahrt. Eigentlich haben wir nur gegessen und uns treiben lassen. Aber schön wars.
Nur die besten Vierzig werden aus unzähligen Bewerbern ausgesucht: Das Wilhelmshavener StreetArt Festival ist in aller Welt bekannt und die Plätze sind begehrt. Die Künstler kommen aus USA, Russland, Japan oder Mexiko, 12 Nationen sind am Start. Möglich ist dies für viele nur deshalb, weil Anreise, Verpflegung und Unterkunft bezahlt werden. Finanziert wird dies von der WTF und mit den Künstlerpatenschaften einzelner Geschäfte vor Ort. Was mit einer Schnapsidee begann, ist nun zu einer bekannten Marke geworden, die auch große Namen der Szene anzieht. Die Künstler arbeiten hochkonzentriert an ihren Werken, lassen sich nur manchmal durch neugierige Fragen ablenken. Die Vorlage liegt immer dabei: Es ist nur zu erahnen, was da entstehen soll, denn am Ende sieht es doch ganz anders aus. Der 3D-Effekt stellt sich bei mir erst nach dem Fotografieren ein, aber dann ist die Wirkung umso verblüffender. Trotzdem schade, wenn man bedenkt, dass diese bunte Welt der Vergänglichkeit geweiht ist...
Wein im Watt? Das geht doch nicht! Bei Jörg Wilke schon: Angeblich trägt er den Wein einmal durchs Watt, bevor er ihn in seiner Vinothek verkauft - ist natürlich Seemannsgarn, klar. Und doch ist es eben nicht nur Wein: Die "Edition Wattenmeer" verpackt ausgewählte Weine in künstlerisch gestaltete Flaschen. Der Künstler Andres Magnus ist auch in der Vinothek von Wilke, als wir eintreffen - er entwirft die Motive des Wattenmeeres für die Edition. Mit einem Sekt fängt es an, kulinarisch geht es weiter - Jörg Wilke hat die geballte Wattenmeer-Kulinarik geladen: Da gibt es den echten Wattenmeerschinken der Fleischerei Jansen, sechs Wochen im Nordseekarren gereift und von der Nordseeluft verwöhnt. Andreas Ernst von der "Senfonie" ist da und lässt uns Senf nach Omas Rezept probieren und Theo Haverkamp hat als waschechter Holländer den "Salzwiesengouda" nach Wilhelmshaven gebracht. Jörg Wilke kann begeistern, man merkt, dass er hinter seiner Idee steht. Ich weiß nicht mehr, wie viele Weine wir probiert haben - ich weiß nur, dass sie alle geschmeckt haben.
Kommentar schreiben