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Von Wasserfall bis Feuerwasser

Kraft der Elemente: Vom Moor zum Maar

Natur pur ist heute das Thema - auch das Wetter zeigt, was es zu diesem Motto beizutragen hat: Wolken schieben sich vor die Sonne, immer wieder kommen ein paar Tropfen runter. Wir ziehen uns an und aus. Bevor wir auf Holzdielen das Schopflocher Moor entdecken, versuchen wir im Naturschutzzentrum die Entstehung der Alb zu verstehen. Man muss sich eine brodelnde Landschaft vorstellen in der dreihundertfünfzig Vulkanschlote Feuer speien. In den Kratern sammelt sich Wasser, es bahnt sich seinen Weg durch das poröse Kalkgestein - die höhlenreichste Region in ganz Deutschland entsteht. Die Seen trocknen aus, übrig bleiben Maare und Moore, die von der vulkanischen Vergangenheit zeugen und eine weltweit einmalige Kulturlandschaft hervorbringen.

Auch das Schopflocher Moor verdankt seine Entstehung dem Schwäbischen Vulkan und ist einzigartig auf der Schwäbischen Alb. Sonja Berger und  Jens Häußler führen uns durch diesen geschützten Lebensraum seltener Pflanzen und Tiere. Rechts und links des Holzbohlenweges erstreckt sich das Hochmoor mit rosa blühenden Pfeifengras, Knabenkraut und Wiesenschaumkraut - in der Fülle eine verzauberte Landschaft.

Laut Sonja Berger können hier alle das Moor entdecken: "Von denen die grad laufen können, bis zu denen, die noch laufen können." Wenn Kinder durchs Moor geführt werden dürfen sie in dem kleinen Tümpel nach Libellenlarven und Kaulquappen fischen - möglichst ohne reinzufallen.

Die Biologin Ulrike Walter führt weiter zum Randecker Maar. Zur Linken öffnet sich ein weiter Blick auf blaue Hügel und wir verstehen, was Eduard Mörike mit der "blauen Mauer" gemeint hat: In der Ferne erheben sich viele kleine Hügel ehemaliger Vulkane und verschwimmen im Sfumato. Vor 17 Millionen Jahren wurde in einer gewaltigen Gaseruption ein Krater mit 1,2 Kilometer Durchmesser gesprengt. Heute ist das Maar ein friedlich gepflegtes Naturschutzgebiet mit weidenden Schafen. Ulrike Walter zeigt auf den Bauwagen der Vogelbeobachtungsstation hinter uns - es ist eine der wichtigsten Beobachtungsstationen Deutschlands und Europas. Zwischen Juli und Oktober sitzen hier viele Ehrenamtliche und erfassen eine halbe Million Zugvögel und tausende Insekten. Im gleichen Atemzug  berichtet sie von der abnehmenden Anzahl der Insekten: Dieses Jahr wurden achtzig Prozent weniger Insekten registriert.

Ein paar Meter weiter erwartet uns der Demeterhof Ziegelhütte mit Café in der Maarstube. Der Kartoffelsalat und ein Frischkäse aus der hofeigenen Käserei, dazu der Apfelsaft von eigenen Streuobstwiesen sind ehrlich und lecker. Dreißig Kühe geben die Milch für fünfzehn Sorten Käse, die drei Mal pro Woche auf dem Hof hergestellt werden. Diese glücklichen Kühe bekommen Gras und Klee und grasen entspannt am hauseigenen Hang. Nur so viele Tiere werden gehalten, wie das Land Futter zur Verfügung stellt, das sind in seinem Fall sechzig Hektar. So kommt die Milch für den Käse ohne Transport auf den Tisch der Maarstube.  

Herr Stange, in Arbeitsklamotte und schon wieder auf dem Sprung, denn "...die Jugendlichen kommen gleich", erzählt über das Konzept des Hofs. Die Hofgemeinschaft schafft außer der Bio-Landwirtschaft einen Arbeits- und Lebensraum für gestrandete Jugendliche, welche hier im Schnitt zwei Jahre lang leben. Die Fünfzehn bis Sechzehn-Jährigen arbeiten auf dem Hof und in der Schreinerei mit, haben so weniger Flausen im Kopf und finden danach leichter ins Leben zurück.

Die Wanderer, welche auf dem Albsteigweg unterwegs sind und im Café einkehren, schätzen die Hausmannskost. Alles was selber produziert wurde, kommt auf den Tisch: Honig der eigenen Bienen, Kartoffeln, Äpfel und natürlich der Käse. Um Kinder wieder zu Hof und Tier zu bringen, finden auf der Ziegelhütte dieses Jahr die Erlebnistage "Bauernhof miterleben" statt. Da wird dann im Backhaus Brot gebacken, bei der Heuernte mitgeholfen oder mit Eseln gewandert. Ein richtig gutes Gesamtkonzept. Zum Schluss spielt der Hahn mit der Fotografin Katz und Maus, dann geht es auch schon weiter.  www.hof-ziegelhütte.de

Zum schönsten Wanderweg Deutschlands wurde 2016 der Bad Uracher Wasserfallsteig gekürt. Wir werden einen Teil des zehn Kilometer langen Wanderwegs laufen und dabei zwei Wasserfälle streifen. In Bad Urach, vom Wanderparkplatz Maisental aus, verläuft der Weg entlang des plätschernden Brühlbachs im Tal. Am Wochenende wird man hier einige  Wanderer treffen, denn die Wasserfälle gehören zu den landschaftlichen Höhepunkten der Schwäbischen Alb. 

Doch spätestens am Uracher Wasserfall trennt sich die Spreu vom Weizen. Nachdem alle Fotos unter dem hinabstürzenden Wasser (tosend wäre zuviel gesagt) geschossen sind, wird es unterhalb des Wasserfalls auch ziemlich eng und man steigt wieder ab. Wir nicht, denn für uns geht es weiter hinauf zum Gütersteiner Wasserfall.

Es geht stetig hinauf, am Rutschenfelsen vorbei, immer an der Albkante entlang. Im Winter muss die Aussicht von hier sehr schön sein, aber jetzt versperren uns die Blätter den Blick. Plötzlich wird es immer dunkler und es donnert: Ein Gewitter mit heftigem Regen überrascht uns und die zehn Leute finden gerade so in der Kapelle Güterstein Platz. Unser Guide bevorzugt den schnelleren Rückweg - einige von uns sind platschnass-nicht aber ohne uns noch schnell den Gütersteiner Wasserfall zu zeigen. Schade, dass es immer noch regnet, denn dieser Platz ist wunderschön: Eine Lagune, in der man sofort ein Bad nehmen möchte. Der Wasserfall selber ist nicht so spektakulär, muss es ja aber auch nicht sein und der Rundkurs des Wasserfallsteigs sicher sehr lohnenswert.

Vom Wasser zum Feuerwasser: Herr Straßer von der Brennscheuer in Dettingen hat den Kirschsecco schon kalt gestellt. In der Probierstube riecht es unverkennbar nach Obst und gerade tropfen noch die letzten Reste eines Apfelbrands in den Eimer. Wer die edlen "Deschdillade" probieren will sollte trinkfest sein, denn Herr Straßer verführt die Besucher zum Verkosten. Der Schlehenschnaps riecht und schmeckt nach Mandeln, der Quittenlikör hat eine wunderbare Farbe und das typische Quittenaroma. Wer einmal anfängt, will nicht mehr aufhören. Die Substanz für die Obstbrände wächst quasi vor der Haustür: Die Schwäbische Alb ist voll mit Streuobstwiesen und damit Europas größte zusammenhängende Streuobstlandschaft. Schon allein zweihundert Apfelbäume sind im Besitz der Familie, darunter einhundert Jahre alte Bäume. 

Der Urgroßvater hat mit einer Siebzig-Liter-Distille angefangen und nun wird die Brennerei in vierter Generation von dem sehr engagierten Manuel Straßer geführt. Alte Obstsorten werden verarbeitet, wie die Palmisch-Mostbirne, aber auch die Schlehen- und Wachholderfrüchte, welche für die Region so typisch sind. Alb-Gin könnte Straßer aus dem Wachholder machen, doch müsste er dazu überregionale Kräuter verwenden und das ist für ihn nicht denkbar - alles soll aus der Region sein. Das Destillat läuft gerade aus dem Hahn und Mutige können den achzigprozentigen Alkohol mit der Zunge tröpfchenweise kosten. Doch damit ist der Schnaps noch lange nicht fertig - ein Brennvorgang dauert drei bis vier Stunden. Beim Gehen fällt die Entscheidung schwer: Soll es ein Palmisch-Birnenbrand sein, oder doch lieber der Albwacholder-Likör? Der Birnoh ist im Moment leider ausverkauft: Das Ur-Destillat mit dem Kelterst alter Birnensorten reift im Holzfass und ist eine echte Rarität. www.brennscheuer-strasser.de

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Kommentare: 1
  • #1

    andreas (Freitag, 21 Juli 2017 10:38)

    Schöner Bericht über unsere Albtour. Die Schwäbische Alb überrascht mich immer wieder. Besonders schön fand ich die E-Bike Radtour durchs Lauter- und Glastal. Das wäre eine richtige schöne Familientour und zum Abkühlen mit dem Boot in die Wimsener Höhle. Warum den in die Ferne schweigen? Wir haben so schöne Regionen die auf Entdeckung warten.