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Feuer auf der Alb

Es wird heiß an diesem Tag, denn auch im Ofen der Landfrauen lodert das Feuer: Im Gomadinger Backhaus wird das Brot noch wie vor hundert Jahren gebacken. Doch zuerst geht es zur Messerschmiede von Janosch Vecernejes nach Hohenstein.

Der Albmesserschmied hat seine Werkstatt im Bauernhausmuseum, hinter dem kleinen Haus grasen die Pferde auf der Weide. Das Häuschen sieht aus, als würde gleich ein grauhaariger alter Mann mit Lederschürze und Hammer in der Hand aus der Tür kommen. Eine Schürze hat er auch an, aber Janosch Vecernjes ist weder alt noch grauhaarig. Erstaunlich, das ein junger Mann schon so viel Wissen ansammeln konnte, um Küchenmesser für die besten Köche der Welt zu schmieden. In der Schmiede ist es dunkel, es riecht nach Eisen und das Schmiedefeuer droht auszugehen. Doch Janosch erzählt zuerst davon, wie alles begann mit dem Eisen und den Messern. Von seiner Lehre beim Messerschmied, von 40 Jahre altem Stahl und den edlen Hölzern der Griffe.

Worauf es bei einem guten Messer ankommt, wird er gefragt: Der Stahl ist wichtig und natürlich die Technik. Sein Messermeister hatte den Anspruch der absoluten Gebrauchsfähigkeit, sein Damastmeister wollte den bestmöglichsten Stahl dazu machen - Janosch hat beides vereint und das Albmesser entstand. Beim Messermeister hat er auch gelernt Schwerter zu schmieden, eines mit 1,4 Mio Lagen aus Stahl und einem 20.000 Jahre Mammutbackenzahn als Griff.

Verschiedene Stahlsorten mit unterschiedlichen Eigenschaften verbinden sich zum optimalen Messer. Es wird gefaltet, geschmiedet, gefaltet, geschmiedet,... Seine Kochmesser haben mindestens 168 Lagen, weniger geht nicht für ihn. Er beschreibt das magische Dreieck beim Messer mit den Armen, geschmeidig und flexibel muss es sein, sagt er - und scharf. Doch wirklich wichtig beim Messer ist ihm die absolute Gebrauchsfähigkeit: " Die meisten Messer sind doch Kunstmesser, da geht es nur darum wie oft kann ich mich rasieren, aber die können alle keine Zwiebel schneiden". Oft bekommt er die Hölzer für die Griffe von den Köchen aus aller Welt, dann riecht es in der Werkstatt nach Schokolade oder Whisky. Aber auch die Hölzer der Alb, wie die Pappel, finden sich im Messergriff. Später demonstriert er uns das Schneiden einer Zwiebel: Kein Geräusch ist zu hören, als das Messer durch das Gemüse saust, das Filetieren der Tomate geht ganz leicht und auch durchs Papier gleitet das Messer wie geschnitten Brot. Am Ende des Besuchs träumt jeder von uns von einem solchen Messer in der Küche. www.albmesser.de

Helma Leutze, Anne Kreiner und Christina Jung backen Brot wie vor hundert Jahren. Alle vier Wochen trifft sich die "Partie", um Brot und Kuchen im Holzbackofen zu bräunen. Zwei Stunden wird vorgeheizt, der Teig ist dann schon lange vorbereitet. Jeder bringt den eigenen Brotteig mit, denn: "Wir sin älle Chefs hier". Aber: "Zerschd ausbuzze", denn der Ofen muss sauber sein, bevor "eingeschossen" wird.  

Auf dem Regal stehen jede Menge Kuchen, salzig und süß belegt - das Wasser läuft im Mund zusammen. Mit den Kuchen wird getestet wie heiß der Ofen ist, 350 Grad sollte er schon haben. Das einzig Moderne hier, ist das elektronische Temperatur-Messgerät, dass die Damen zur Verfügung haben. 

Esse, drinke un schwädze: Die Kuchen sind fertig, einer sieht leckerer aus als der andere. Knusprig und locker ist der Teig und der Belag mit Speck, Zwiebeln und Lauch würzig. Die süßen Zuckerkuchen passen bestens zum Kaffee. Man muss einfach von allen probieren.

"Brotbacke isch koi Hexewerk". Die Damen verraten gerne das Geheimnis des guten Brots:  Vier Kilogramm Brotmehl Type 800 (Das Brotmehl aus Dinkel, Roggen und Weizen kommt vom  Müller aus der Region), 3 Tl Salz,  Wasser, gekochte Kartoffeln vom Vortag, einen Würfel Hefe. Und dann braucht der Teig nur noch Wärme und Zeit.

"Das Brod in a Schüssele nei dun un in de ofe schiebe". Etwa fünfzig Brotlaibe passen in den Ofen. Was jetzt folgt ist Teamarbeit und muss schnell gehen: Eine bringt den Laib in Form, die andere streut die Kennzeichnungskörner auf den Teig, ab damit in die Form. Dann schießt die Nächste ein. Gutes Brot will Zeit haben und so vertreibt man sich die Stunde Backzeit mit Kaffee und Kuchen und fachsimpelt übers Backen. Dann kommen die goldbraunen, dampfenden Laibe aus dem Ofen. Jeder bekommt ein noch warmes Brot mit, möchte am liebsten sofort reinbeißen. Und im Bus duftet es auf der Heimfahrt herrlich nach frisch Gebackenem.

Dass die Schwaben sparsam sind, ist ja bekannt. Dass sie aber auch ihr "Ländle" so unter den Scheffel stellen, ist nicht gerechtfertigt. Die Schwäbische Alb könnte protzen mit ihren Superlativen,  dem höchsten Kirchturm, der engsten Gasse, dem schiefsten Hotel, der tiefsten begehbaren Höhle, ihrem Unesco-Weltkulturerbe-Schätzen und dem ältesten Kulturgut der Welt. Aber nein, auch da ist der Schwabe sparsam mit Eigenlob. Zu unrecht. Diese Region hat es sich zum Ziel gesetzt, Mensch und Natur in Einklang zu bringen. Rückbesinnung auf die regionalen Schätze bei den Gastronomen und Hoteliers bringen Biosphärengastgeber hervor, welche den Mut haben, diesen Gedanken konsequent umzusetzen. Eine einzigartige Landschaft geprägt durch ihre urgeschichtliche Vergangenheit will entdeckt werden. www.schwaebischealb.de

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Kommentare: 3
  • #1

    Andreas (Freitag, 21 Juli 2017 10:56)

    Dein Artikel über den Messerschmied ist faszinierend. Altes Handwerk mit Schwung präsentiert, mit Qualität und Können hat immer noch Zukunft. Das habe ich bei diesem Messerschmied gelernt. Tolle Fotos und schöner Text. Gratuliere.

  • #2

    Jeanne (Freitag, 21 Juli 2017 11:28)

    Danke, Andreas,
    ich freue mich über Dein Lob. Auch mich hat der Albmesserschmied unheimlich beeindruckt - er weiß so viel übers Schmieden, macht wunderschöne Messer und kann mit Witz präsentieren. Ich wünschte, ich hätte eines seiner Messer...

  • #3

    Christine (Sonntag, 23 Juli 2017 08:45)

    Wie großartig,

    an sich wollte ich nur mal kurz reinschauen, da Termine rufen. Nun könnte ich immer weiter wandern in all diesen schönen Bilder und Texten ...